Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses nach zweiter Ehe

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Die Wiederverheiratung eines katholischen Chefarztes an einem katholischen Krankenhaus kann grundsätzlich seine ordentliche Kündigung rechtfertigen. Denn Religionsgemeinschaften und die ihnen zugeordneten Einrichtungen (hier das Krankenhaus) haben das verfassungsmäßige Recht, von ihren Mitarbeitern ein loyales Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können. Danach kommt als Loyalitätsverstoß auch der Abschluss einer nach katholischem Verständnis ungültigen Ehe in Betracht. Aber: Eine Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn im jeweiligen Einzelfall bei einer Abwägung der gegenseitigen Interessen diesem Loyalitätsverstoß noch genügend Bedeutung zukommt.

In einem am 08.09.2011 vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (BAG, Urteil vom 08.09.2011 – 2 AZR 543/10) ging es um das Arbeitsverhältnis eines Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus. Dem im Jahr 2000 geschlossenen Dienstvertrag lag die vom Erzbischof von Köln erlassene Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 23. September 1993 (GO) zugrunde. Nach Art. 4 GO wird von allen Mitarbeitern die Anerkennung und Beachtung der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erwartet. Ferner kommt bei schwerwiegenden Loyalitätsverstößen gemäß Art. 5 Abs. 2 GO eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen in Betracht. Darunter fällt eine nach dem katholischen Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der katholischen Kirche ungültige Eheschließung. Im konkreten Fall hatte sich die erste Ehefrau des Chefarztes von diesem getrennt. Dieser lebte danach mit seiner jetzigen Frau von 2006 bis 2008 unverheiratet zusammen. Der Arbeitgeberin bekannt war. Nach der Scheidung von heiratete der Kläger im Jahr 2008 seine jetzige Frau standesamtlich.

Die Arbeitgeberin beschäftigt auch nicht katholische, wiederverheiratete Chefärzte. Nachdem die Arbeitgeberin jedoch von Kenntnis von der erneuten Eheschließung des Klägers erlangt hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Kündigungsschutzklage des Chefarztes stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidungen jetzt bestätigt.

Die ordentliche Kündigung war im Sinne von § 1 Kündigungsschutzgesetz sozial ungerechtfertigt. Zwar habe sich der Kläger einen nicht unbeachtlichen Loyalitätsverstoß zuschulden kommen lassen, letztendlich habe jedoch das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwogen. Entscheidend war, dass die Arbeitgeberin sowohl in ihrer Grundordnung als auch in ihrer arbeitsrechtlichen Praxis auf ein durchgehendes und ausnahmsloses der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verpflichtetes Lebenszeugnis aller ihrer leitenden Mitarbeiter verzichtet habe. Das zeige sich zunächst an der Hinnahme der nichtehelichen Gemeinschaft im Zeitraum von 2006 bis 2008 und im Übrigen an der Beschäftigung nichtkatholischer, wiederverheirateter Ärzte. Ferner hat das Bundesarbeitsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger zu den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre nach wie vor stehe. Der Wunsch des Klägers und seiner jetzigen Ehefrau, in einer nach den Maßstäben des bürgerlichen Rechts geordneten Ehe zusammenleben zu dürfen wird vom Grundgesetz geschützt und sei auch im kirchlich geprägten Dienstverhältnis zu achten.

Rechtsanwalt Beiler / Hamburg

– Beiler Karl Platzbecker –