Der Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten gemäß § 4f BDSG aF

 

Der Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten gemäß § 4f BDSG aF endet mit der Bestellpflicht des Arbeitgebers.

Mit Urteil vom 05.12.2019 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten in dem Moment endet, in dem der Arbeitgeber nicht länger verpflichtet ist, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Das Urteil ist noch zum Bundesdatenschutzgesetz in seiner alten Fassung ergangen.

Die bis zum Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) geltende Regelung des Bundesdatenschutzgesetzes sah vor, dass eine nicht öffentliche Stelle (ein privatrechtlicher Arbeitgeber) beim Überschreiten eines bestimmten Schwellenwertes verpflichtet war, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Unterhalb des Schwellenwertes bestand die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Sonderkündigungsschutz für den Datenschutzbeauftragten bestand aber nur dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet war, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Ein freiwillig bestellter Datenschutzbeauftragter hatte demnach keinen Sonderkündigungsschutz.

 

In dem im Dezember 2019 entschiedenen Fall war es so, dass der Arbeitgeber zunächst gesetzlich verpflichtet war, einen Datenbeauftragten zu bestellen, denn es waren ständig mehr als 9 Personen mit der automatisierten Verarbeitung von personenbezogenen Daten beschäftigt, § 4f Abs. 1 S. 1 BDSG aF. Und tatsächlich hatte der Arbeitgeber den klagenden Arbeitnehmer zum Datenschutzbeauftragten bestellt (BAG, 05.12.2019, 2 AZR 223/19, Rn 28). In der Folgezeit sank die Anzahl der Arbeitnehmer, welche ständig mit der automatisierten Verarbeitung von personenbezogenen Daten beschäftigt waren, unter den Schwellenwert ab.

Das Bundesdatenschutzgesetz alter Fassung enthielt keine ausdrückliche Regelung, wie sich das Absinken des Schwellenwertes auf den früheren Bestellvorgang auswirkt und welche Folgen dieses für den Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten hat.

Das Bundesarbeitsgericht ist unter anderem durch einen Vergleich mit dem Sonderkündigungsschutz für den Betriebsrat zu dem Ergebnis gekommen, dass der Datenschutzbeauftragte zeitgleich und automatisch mit  dem Absinken der erforderlichen Mitarbeiteranzahl unter den erforderlichen Schwellenwert jedenfalls seinen Sonderkündigungsschutz verliert (BAG, 05.12.2019, 2 AZR 223/19, Rn 36). Ein zusätzlicher Widerruf der früheren Bestellung ist dazu nicht erforderlich – nicht einmal eine Mitteilung des Arbeitgebers, dass der Sonderkündigungsschutz endet. Demnach muss der Datenschutzbeauftragte nicht notwendiger Weise Kenntnis davon haben, dass sich sein Kündigungsschutzstatus geändert hat.

Ob mit dem Absinken unter den Schwellenwert „nur“ der Sonderkündigungsschutz gemäß § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG aF entfällt und die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten mangels Widerrufs „inhaltsleer“ bestehen bleibt, hat das Bundesarbeitsgericht offen gelassen (vgl. BAG, 05.12.2019, 2 AZR 223/19, Rn 49). Möglicher Weise würde dann mit dem erneuten Ansteigen der mit einer automatisierten Verarbeitung von personenbezogenen Daten beschäftigten Personen auch der Sonderkündigungsschutz wieder aufleben.

 

Allerdings sind seit den Inkrafttreten der DS-GVO – genauer gesagt seit Ablauf der Übergangsfrist zum 25.05.2018 – die Voraussetzungen, unter denen ein Datenschutzbeauftragter zu benennen ist, vornehmlich europarechtlich geregelt. Das Bundesdatenschutzgesetz neuer Fassung enthält daneben einige Auffangtatbestände, wobei auch dort Schwellenwerte gelten, die zuletzt von 10 auf 20 Arbeitnehmer (vgl. § 38 Abs. 1 BDSG nF) angehoben worden sind. Geblieben ist allerdings die Regelung im deutschen Arbeitsrecht, wonach ein Datenschutzbeauftragter Sonderkündigungsschutz hat.

Der vom Bundesarbeitsgericht entschiedene Sachverhalt bleibt trotz der Gesetzesänderungen auch weiterhin relevant. Denn die Verweisung in § 38 Abs. 2 BDSG nF enthält jetzt die ausdrückliche Einschränkung, wonach in nichtöffentlichen Stellen (also in der Privatwirtschaft) der in § 6 Abs. 4 BDSG nF geregelte Sonderkündigungsschutz nur dann zur Anwendung kommt, wenn für den privaten Arbeitgeber die Benennung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtend ist. Für den Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten wird es dann darauf ankommen, ob der Schwellenwert von 10 bzw. nunmehr 20 Personen überschritten wird (vgl. § 38 Abs. 1 S. 1 BDSG) oder die Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten aus der DS-GVO folgt.

 

Im Urteil vom 05.12.2019 hat das Bundesarbeitsgericht weiter ausgeführt, das mit dem Ende des primären Sonderkündigungsschutzes sich für ein Jahr der nachwirkende Sonderkündigungsschutz gemäß § 4f Abs. 3 S. 5 BDSG aF anschließt (BAG, 05.12.2019, 2 AZR 223/19, Rn 50). Sollte dieser ebenfalls bereits geendet haben, ist der zum „freiwilligen Datenschutzbeauftragten“ verkümmerte Arbeitnehmer gegebenenfalls nach allgemeinen Vorschriften vor willkürlichen Kündigungen und Maßregelungen geschützt.

 

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